In Portugal war es schwer, eine Familie zu ernähren
In den sechziger Jahren herrschte in Portugal der Diktatur Antonio Salazar. Fabriken gab es so gut wie keine, Arbeit war vorwiegend auf den Feldern möglich, diese war schlecht bezahlt und wurde vor allem von Frauen gemacht. Der Verdienst reichte kaum aus, um eine Familie zu ernähren.
Eine abenteuerliche Flucht nach Frankreich
Acht junge Männer, meist jung verheiratet, ließen Frau und Kinder zurück und machten sich im November 1963 heimlich zu Fuß über die Grenze auf den Weg Richtung Frankreich. Für die Schlepper, die es damals schon gab, musste viel Geld bezahlt werden. Später kamen noch mehr junge Männer dazu, schließlich waren es 25 Personen. Keiner hatte einen Pass, das war in der Diktatur nicht möglich. Tagsüber mussten sie sich verstecken, nachts wurde im Schutz der Dunkelheit gelaufen, einmal vierzehn Stunden ohne Pause. Die Schuhe gingen kaputt, ein Schlepper musste neue besorgen, die Fußnägel lösten sich wegen der Kälte. Der Hunger war schlimm, gegessen wurde, was man auf den Feldern fand. Ein reißender Fluss musste durchquert werden, die Männer bildeten eine Kette, um nicht mitgerissen zu werden. Die nassen Kleider wurden dann am Feuer getrocknet. An der Grenze zu Frankreich mussten sich die Männer eine Woche in einer Hütte verstecken und auf die nächsten Schlepper warten, die sie dann über die Grenze brachten. Nach 16 Tagen war Frankreich endlich erreicht.
In Frankreich gibt es Arbeit
Ein Vetter war bereits in Frankreich, dieser half, eine Arbeit zu finden. Bereits nach zwei Wochen konnte in einer Firma, die Waggons für Deutschland herstellte, mit der Arbeit begonnen werden. Die Männer waren zunächst mit anderen Arbeitern in einer Baracke untergebracht, später hatten sie eine Wohnung mit Gemeinschaftsküche. Der Kontakt mit der Familie in Portugal war nur über Briefe möglich. Der Aufenthalt in Frankreich dauerte sechs Jahre.
Kontakte nach Deutschland
Der Bruder eines Arbeitskollegen lebte in Deutschland. Er besuchte die portugiesischen Arbeiter in Frankreich, mit gehortetem Benzin konnte er zurückfahren und einen Brief über Deutschland nach Portugal schicken.
Ein Vetter der Mutter arbeitete in Ebhausen bei der Firma Schickhardt. Die Firma suchte damals dringend Arbeiter, aber ohne Bescheinigungen gab es keine Arbeitserlaubnis.
Also musste ein polizeiliches Führungszeugnis, der Nachweis einer Krankenversicherung und anderes in Frankreich besorgt werden. Die deutsche Botschaft in Frankreich gab die nötigen Stempel, und einer Fahrt nach Deutschland mit dem Zug stand nichts mehr im Wege.
Carl Schickhardt setzte sich in Calw dann dafür ein, dass die Arbeitserlaubnis ausgestellt wurde. Am 27.03.1969 wurde dann die Arbeit bei Schickhardt aufgenommen.
In Frankreich wird gestreikt
1969 war in Frankreich ein Generalstreik. Es gab drei Wochen lang keine Arbeit, kein Benzin, kein Essen, kein Trinken, keine Post. Wir sollte die Familie erfahren, ob der Vater noch am Leben ist?
Nach sechs Jahren ist die Familie wieder beieinander
Da die Firma Schickhardt weiterhin Arbeiter suchte, kümmerte sich Carl Schickhardt um die Arbeitserlaubnis für Frau Ferreira. Mit dieser Arbeitserlaubnis war es möglich, dass Frau Ferreira mit der Tochter aus Portugal ausreisen konnte.
Eine Wohnung wurde gesucht und im Juli 1969 in der Marktstraße bezogen.
Frau Ferreira arbeitete dann ebenfalls in der Firma, beide an der gleichen Maschine, beide in der gleichen Schicht, vierzehn Jahre lang.
Als Frau Ferreira aus gesundheitlichen Gründen aufhören musste, arbeitete ihr Mann noch bis 1999, er war dann dreißig Jahre lang dort. Und auch als Rentner half er bei Bedarf noch in der Firma aus.