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Der Kirchturm
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Der gewaltige Kirchturm von Ebhausen hat eine lange und spannende Geschichte hinter sich. Doch so, wie er heute aussieht, war das hunderte von Jahren nicht der Fall. Als man 1860 begann, die alte Kirche abzureißen und eine neue, größere zu bauen, wurde der Turm 1862 um ein Stockwerk erhöht, weil das neue Kirchenschiff höher als sein Vorgängerbau ausfiel. Das aufgesetzte Stockwerk ist an den großen Turmfenstern zu erkennen.
Foto: Armin Büchler 2019
Geht man weiter in der Geschichte zurück, dann findet man am heutigen Turmeingang die Jahreszahl 1455:
Diese Jahreszahl könnte in Zusammenhang mit einem großen Brand Anfang der 1450iger Jahre stehen.
Doch der Turm ist viel älter. Er hat ursprünglich gar nicht zum Kirchenbau gehört, sondern ist wahrscheinlich zu ganz anderen Zwecken gebaut worden. Verschiedene Merkmale des Turms lassen den Schluss zu, dass „er in seinem ältesten Zustand eine Turmburg gewesen ist“ ( Zitat aus Dr. Schmidt, „Tausend Jahre wie ein Tag“, S. 45).
Im Turmstüble - Foto: Armin Büchler 2019
Und so kann der Schluss gezogen werden, dass sich die Wetzel, also die Verwalter und Herren des Ortes, aus dem niedrigen Adel stammend, um 1350 einen Wehrturm als Wohnsitz gebaut haben. Die Schießscharten am Kirchturm untermauern diese Vermutung.
Aber es wird noch spannender: Die Römer, die bis 260 in unserem Raum gesiedelt haben und in Nagold einen bedeutenden Gutshof unterhielten, mussten das Gebiet bewachen. Dazu bauten sie Wachttürme in bestimmten Abständen, um sich bei Gefahr verständigen zu können.
„ Ist es zu kühn, zu vermuten, dass der Boden, auf dem der Ebhauser Kirchturm steht, einst, im zweiten Jahrhundert etwa, eine römische Baulichkeit, gleich welcher Art, vielleicht eben auch einen „Wartturm“, getragen hat?“
( aus Dr. Schmidt, „Tausend Jahre wie ein Tag,“ S. 48).
Vieles deutet darauf hin, und so könnte es sehr wohl sein, dass der heutige Kirchturm auf einem sehr interessanten historischen Boden steht.
Auszug aus: Prof. Konrad Dussel Ebhausen- Geschichte und Gegenwart der Nagold-Gemeinde
Geläut der Evangelischen Kirche Ebhausen von der CD "Ebhausen - Porträt eines Ortes im Nordschwarzwald", 2011
Glockenstuhl - Foto: Armin Büchler 2019
Die Kirche
Mit großer Wahrscheinlichkeit kann man vermuten, dass Ebhausen bereits im 7. Oder 8.Jahrhundert als Siedlung entstanden ist. Ein klarer Hinweis dafür sind die Fundament einer kleinen Kapelle aus der Zeit der Merowinger, also um 700 n. Chr. Diese wurden bei der Renovierung der Kirche 1962 entdeckt, als man eine neue Heizung einbauen wollte. Aber nicht nur diese Fundamente wurden entdeckt-gleich drei Vorgängerkirchen, zunehmend an Größe, traten zutage.
Eine ganze Reihe von Informationen liefern Dokumente aus dem frühen 15.Jahrhundert. Sie nennen erstmal die Schutzheilige der Kirche-die heilige Maria-, indem sie von der „Frauenkirche“ sprechen. Und sie zeigen, dass es in ihr zwei Altäre gab, den Nikolaus- und den Katharinen-Altar, ausgestattet mit eigenen Pfründen. Es ist zu vermuten, dass es bei der Stifterin der Katharinenpfründe um Katharina von Hornberg handelt (gestorben 1365), deren Grabplatte im Eingangsbereich unter dem Turm zu finden ist.
Das Jahr 1489 markiert dann den tiefsten Einschnitt vor der Reformation - nicht unbedingt für die Gemeindemitglieder in Ebhausen, aber für den Pfarrherrn und viele seiner anderen Gemeindemitglieder. Es ist ein Indiz für die alte Bedeutung Ebhausens in der Region, dass seine Pfarrei im Mittelalter von gewaltiger Ausdehnung war und eine der größten im ganzen Bistum Konstanz bildete. Die zum Teil beträchtlichen Entfernungen-Enzklösterle beispielsweise ist ja rund 25 Kilometer von Ebhausen entfernt - bildeten ein großes Problem für Gottesdienstbesuche und erst recht bei Beerdigungen. Die davon Betroffenen mussten jedoch lange kämpfen, bis es zu einer grundsätzlichen Neuordnung kam. Am 18. November 1489 wurden insgesamt zwölf Gemeinden aus der alten Pfarrgemeinde Ebhausen herausgelöst. Enzklösterle und Oberweiler sowie Aichhalden, Gaugenwald, Hornberg und Martinsmoos wurden dem neu gegründeten Kirchspiel Zwerenberg zugeordnet (zu dem trotz aller Gemeindereformen die fünf letztgenannten noch immer gehören), Aichelberg, Fautsburg, Hofstett und Hünerberg kamen dagegen nach Neuweiler. Bei Ebhausen verblieben Ebershardt und Wart, Pfrondorf und Rohrdorf. Im Jahr 2020 haben sich die Gemeinden Wart, Rotfelden, Ebershardt, Wenden, zur Verbundkirchengemeinde zusammengeschlossen
Eine Schautafel vor der Kirche in Zwerenberg erklärt Umfang und Bedeutung des früheren Kirchspiels. Deutlich wird auch, wie beschwerlich das alles, insbesondere auch die Beerdigungen waren, mussten doch die Toten mit dem Fuhrwerk über den Totenweg zum Friedhof nach Ebhausen gebracht werden.
In neugotischem Stil wurde die Kirche 1861/1962 neu gebaut.
Hundert Jahre später erfolgte dann eine grundlegende Modernisierung und Neuinterpretation des neogotischen Kirchenschiffs und des Kircheninneren. Markante Veränderungen waren der Wegfall der Emporen an den beiden Längsseiten und der Kanzel.
Foto: Armin Büchler
Den Chorraum gestaltete Prof. Rudolf Yelin (der Jüngere), ein bedeutender Steinbildhauer und Künstler. Er schuf den gekreuzigten Christus in einer eindrücklichen und kunsthistorisch bedeutenden Skulpturenwand.
In Zuge dieser Renovierung entstand auch die neue Orgelempore samt neuer Orgel.
Der Blick auf die Orgelempore. Die Brüstung mit den Symbolen der vier Evangelisten wurde ebenfalls von Prof. Yelin gestaltet 2019 war für die Kirche ein Jahr für dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen. Statische Maßnahmen im Dachstuhl und Ausbesserungen an der Sandsteinfassade wurden durchgeführt. Im September 2019 wurde die Kirche wieder eingeweiht und steht seither der Gemeinde für Gottesdienste und Andachten zur Verfügung. Sie wird aber auch gerne, dank ihrer Größe und sehr guten Akustik, für Konzerte genutzt. Die Orgel wird im Jahr 2021 als letzte der Sanierungsmaßnahmen in der Kirche ausgereinigt und klanglich verbessert.
Siehe auch Homepage der Ev. Kirchengemeinde Ebhausen
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Quellenangaben
Ortschronik Ebhausen: Prof. Dr. Konrad Dussel, Ebhausen- Geschichte und Gegenwart der Nagoldtal- Gemeinde
Dr. F. Heinz Schmidt- Ebhausen, Tausend Jahre wie ein Tag, Festschrift zur Hundertjahrfeier und Einweihung der erneuerten Evangelischen Pfarrkirche zu Ebhausen 1963 Peter Wagner, die Geschichte der Grafschaft Hohenberg
Maria Noack, Mein Heimatort Ebhausen FORUM Ebhausen (Hellwig, Eisele), Das Dorf und der Flecken
Fotos
Armin Büchler
Archiv FORUM Ebhausen