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Das Bahnhofsgelände

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Das „Altensteigerle“ geht in Betrieb
Der 28.Dezember 1891 war ein ganz besonderer Tag in Ebhausen- Mit der feierlichen Eröffnung des „Altensteigerle“ wurde Ebhausen zur Bahngemeinde. Es war den beharrlichen Bemühungen der Stadt Altensteig bei der königlichen Regierung in Stuttgart zu verdanken, dass endlich nach einigen Einsprüchen im April 1891 mit dem Bau der ersten Schmalspurbahn in Württemberg begonnen wurde.

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Erhebliche Kosten wurden eingespart, weil die Strecke zu 70 % am Rand der Straße verlief und man keinen Bahndamm bauen musste. So konnte schon nach einem dreiviertel Jahr Bauzeit die Bahn eröffnet werden (aus Schwarz, Das Altensteigerle).
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Der Bahnhof mit dem Milchhäusle, ganz rechts, erbaut ca. 1925

Der Bahnhof und seine Umgebung wurde rasch zum Dreh- und Angelpunkt für den Fremdenverkehr, für Handel und Gewerbe, aber auch für das Dorfleben-ein Kommunikationszentrum für Jung und Alt und es sorgte für ein Stück Verbindung zur Welt.
Nagold, Calw und Pforzheim rückten näher und umgekehrt kamen immer mehr Fremde zu Besuch. Nach und nach gab es dazu diverse Ergänzungsbauten: die Milchsammelstelle und das Lagerhaus der Württembergischen Zentralgenossenschaft sowie der Lageschuppen des Kohlenhändlers Oskar Holzäpfel. Der Dreschplatz Guhl kam ebenso dazu, während das Backhaus und die Brückenwaage der Denglers bereits bestanden.

Ein Aufschwung für das Gewerbe
Die Eisenbahn brachte für das Ebhauser Gewerbe einen enormen Aufschwung. Alle Rohstoffe wurden mit der Bahn angeliefert. Sämtliche Möbel der Schreinereien wurden in extra Güterwaggons verladen.
Die Firma Schickhardt verfrachtete täglich eine Autofuhre Gurte, im Gegenzug bekam sie täglich ihre Rohstoffe. Die Firma Dengler bekam ihre Landmaschinen und Maschinenteile per Bahn. Die gesamten Baustoffe (Kies, Sand und Zement) kamen in Waggons. Die ortsansässige Baufirma Rau hatte eigens ihr Lager und einen Schuppen auf dem Bahnhofsgelände.“
Fritz Rau, inzwischen verstorben, berichtete:
„Der Kies kam vom Rheinland per Waggon, auf Gleis drei wurde er abgestellt und musste innerhalb von vier Stunden von Hand entladen werden. Die Zementsäcke wurden ebenfalls von Hand in den offenen Schuppen gebracht. Dort wurden auch Rohre und andere Baustoffe gelagert. Mit dem Einachs-Karren wurden dann, von zwei Mann gezogen, die Baustoffe zur Baustelle gebracht. Lag die Baustelle im oberen Ort, war es höchst mühsam, die Last den Breiten Weg hochzuschieben“.

Die Milchsammelstelle der Molkerei wurde von den Bauern der Umgebung genutzt
Die Milchverwertung Pforzheim baute 1902 ein einfaches Milchmagazin mit Bretterwänden ohne Hintermauerung.
Die Milch der umliegenden Bauern von Walddorf, Monhardt, Wart, Ebershardt und Mindersbach wurde mit dem Pferdefuhrwerk gesammelt und zur Molke am Bahnhof gebracht. Täglich ging um 4:30 Uhr ein Waggon Milch der Milchgenossenschaft in den Milchhof nach Pforzheim.
Das Milchkühlgebäude wurde im Jahr 1925 gebaut, 1935 umgebaut und modernisiert. Nach Stilllegung der Eisenbahn wurden die Gebäude abgerissen.

Einkaufszentrum für die Bauern
Das Lagerhaus der Württembergischen Zentralgenossenschaft belieferte die Landwirte in der Umgebung mit Düngemitteln, Saatgut und allem, was der Landwirt so brauchte. Es besaß einen Gleisanschluss bis zur Rampe. Die Rampe an der Rückseite ermöglichte ein bequemes Entladen der Waggons. Heute ist das Gebäude im Besitz der Firma Sanitär Brezing, die Rampe existiert immer noch.

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Die Laderampe am früheren Lagerhaus bei einem Ortsrundgang vom früheren Biergarten des „Waldhorn“ aus gesehen (Ortsführung mit Frau Noack, Sommer 2013)

Kohle ab Waggon verkauft
Der Kohlenhändler Oskar Holzäpfel hatte seinen Lagerschuppen direkt neben den Gleisen. Wenn Kohle kam, wurde teilweise direkt vom Waggon aus die Kohle mit einer speziellen Waagschale abgewogen und in Säcke abgefüllt. Karl Stoll wartete mit seinem Pferdefuhrwerk, um die schweren Kohlensäcke dann in die Keller der Häuser zu bringen.
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Dreschplatz Guhl
Während der Erntezeit herrschte auf dem Dreschplatz Guhl Hochkonjunktur. Viele Kleinbauern fuhren direkt vom Feld auf den Dreschplatz, um dort die Ernte gleich zu dreschen. Manchmal standen bis zu sieben Erntewagen in der Warteschleife. Heute liefern die Bauern ihr Getreide vorwiegend an die Mühle Schill nach Rohrdorf.

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Bahnhofsplatz in den 60iger Jahren

Das „Alternsteigerle“ als Spezialtransport
Ab Mai 1944 wurde in den Fabrikationshallen der Firma Schickhardt, Band- und Gurtweberei, der erste Raketenjäger, die Me 163, das sog. „Kraftei“ zusammengebaut. Der Materialtransport und die zusammengebauten Einheiten erfolgten bis Nagold mit der Schmalspurbahn.

Das Ende einer Erfolgsgeschichte
Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor die Strecke immer mehr an Bedeutung. Das Ende für den Personenverkehr auf der Schiene kam im September 1962, für den Güterverkehr dann im Jahr 1967. Ein Radweg folgt heute dem Verlauf der früheren Gleise.

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Die Hinweistafel anno 2020 auf dem früheren Bahnhofsgelände

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Quellenangaben
Ortschronik Ebhausen: Prof. Dr. Konrad Dussel, Ebhausen- Geschichte und Gegenwart der Nagoldtal- Gemeinde
FORUM Ebhausen (Hellwig, Eisele), Das Dorf und der Flecken
Maria Noack, Mein Heimatort Ebhausen
Maria Noack, Gemeinde Ebhausen, Wirtschaftliche Entwicklung
Reinhard Schwarz, Das Altensteigerle
Fotos
Archiv FORUM Ebhausen