Folge 1 - Hans Bubser, Aus meiner Kindheit und frühen Jugend
Quelle: Unterlagen von Hans Bubser, die uns freundlicherweise von Anita Bubser zur Verfügung gestellt wurden.
Hans Bubser (24.06.1932 - 07.03.2012) - ein Ebhauser Urgestein
Hans Bubser wurde in der Altensteiger Straße 1 geboren. Er wuchs dort als Sohn eines Bahnbeamten mit fünf Geschwistern auf. Die Altensteiger Straße 1 ist heute Sitz der Firma Fritz Stihl-Geräte.
Seine Schulzeit verbrachte er von 1937 - 1945 bei Oberlehrer Römer und Lehrer Memminger, Schulleiter war Herr Schmied.
Berufsausbildung
Nach dem Ende der Schulzeit (sie dauerte damals nur acht Jahre) begann er eine Maurer-Lehre beim Baugeschäft der Firma Joel Walz in Altensteig.
Daran schloss sich eine weitere Lehre bei der Firma Gröschel, Fliesenfachbetrieb und Kachelofenbau zum Fliesenleger und Kachelofenbauer in Sindelfingen an.
Firmengründung 1958 im alten elterlichen Haus in der Altensteiger Straße 1
Nach Ablegen der Meisterprüfung im Fliesenleger-Handwerk eröffnete Hans Bubser am 1. Juni 1958 ein Fliesenfachgeschäft mit Kachelofenbau in seinem elterlichen Hause, Altensteiger Straße 1.
Das landwirtschaftlich genutzte Gebäude baute er in ein modernes Wohn-und Geschäftshaus um.
Im Oktober 1962 heiratete er Anita Zahn vom damaligen Kaufhaus Zahn bei der Kessler- Brücke (heute Reisebüro hand in hand tours).
Das Gelände der Oberen Mühle erfährt eine neue Nutzung
Nach über 600 Jahren muss die Mühle dem Verkehr weichen. Sie steht der Erweiterung der Talstraße 1935 im Weg und wird bis auf eine alte Scheune abgebrochen. Damit geht die Ära von Familie Schill, die seit dem 16. Jahrhundert die Obere Mühle bewirtschaftet hatte, zu Ende. Johann Schill hat dann die Mühle in Rohrdorf übernommen, die heute noch von seinen Nachfolgern betrieben wird.
1968 Umzug in neu erbaute Geschäftsräume auf dem Gelände der ehemaligen Oberen Mühle
Der Betrieb von Hans Bubser floriert, die Gebäude in der Altensteiger Straße reichen nicht mehr aus. Infolge der betrieblichen Expansion wurde 1965 das Areal der früheren Oberen Mühle erworben. Dort wurde ein Wohn-, Büro- und Lagergebäude errichtet und 1968 bezogen. Der Kundenkreis befindet sich zumeist in der näheren, aber auch weiteren Umgebung.
1997 Gründung der Hans und Heiner Bubser GbR
Nach dem Erreichen des Ruhestandes wurde der Betrieb 1997 in eine GbR umgewandelt, die gemeinsam mit Sohn Heiner geführt wird. 2012 Tod von Hans Bubser.
Die heutigen Tätigkeiten des Fliesenfachbetriebs Bubser GbR beziehen sich hauptsächlich auf Sanierungsarbeiten im Fliesenbereich sowie der Pflege der langjährigen Kundschaft.
Woher hat Hans Bubser sein Wissen über die Zeit, als er noch nicht auf der Welt war?
Von seiner Mutter Katharina Bubser geb. Lodholz und deren Vater Johannes Lodholz hat Hans Bubser als wissbegieriger Junge viel über die Vergangenheit von Ebhausen gehört.
Bei seinen sicher zahlreichen Besuchen beim Nachbarn Firma Dengler, Landmaschinen hat er als neugieriger Junge vieles mitbekommen.
Sie dürfen gespannt sein, was in den nächsten Folgen dieser Serie aus seinem Leben und aus dem Leben im alten Ebhausen zutage kommt.
Folge 2 - Hans Bubser, Aus meiner Kindheit und frühen Jugend
(24.06.1932 - 07.03.2012)
Jugend in der Altensteiger Straße 1
Quelle: Hans Bubser, Aus meiner Kindheit und frühen Jugend
Die nachfolgenden Texte sind original aus dieser Schrift entnommen, lediglich die Überschriften wurden zugefügt.
Warum heißt Hans Bubser Hans und nicht Johannes?
"Am Johannistag, den 24. Juni 1932, wurde ich in der Altensteiger Straße 1 geboren".
(Anmerkung: Hans - Abkürzung von Johannes - wollte eigentlich auch Johannes heißen wie sein Namenstag-Patron, aber seine Eltern waren dagegen, Auskunft von Anita Bubser).
"Mein Vater war Karl Bubser, Reichsbeamter auf Lebenszeit. Ursprünglich stammte er aus Malmsheim, Kreis Böblingen".
Hans Bubser wuchs mit fünf Geschwistern auf
"Ich hatte noch fünf Geschwister, zwei Brüder und drei Schwestern. Meine Brüder waren zwölf und elf Jahre älter als ich. Eine Schwester war acht Jahre vor mir geboren, die andere sechs Jahre vor mir. Die dritte Schwester ist zwei Jahre jünger als ich".
Die Mutter war eine Lodholz in der zehnten Generation
"Meine Mutter, Katherina geb. Lodholz, war in der zehnten Generation Ebhauser Bürgerin.
1532 war es gewesen, da der erste Lodholz nach Ebhausen gekommen war."
Ein Blick zurück in die Geschichte (Informationen aus dem Internet)
Reiche Bauern besaßen das Bürgerrecht
Die mittelalterliche Ständeordnung prägte noch bis ins 19. Jahrhundert das Leben auf den Dörfern. Es gab Bauern, die über einen teilweise großen Besitz verfügten und das Bürgerrecht besaßen. Dieses Bürgerrecht wurde entweder vererbt oder konnte durch Zahlung eines Bürgergeldes erworben werden. Dazu musste der Bewerber nachweisen, dass er von ehelicher Geburt und nicht leibeigen war.
Das Bürgerrecht umfasste Rechte und Pflichten. Zu den Pflichten zählten unter anderem die Bereitschaft zu Löschdiensten, pünktliches Entrichten der Steuern und die Pflicht, die Wahl in ein Amt anzunehmen. Der Erwerb des Bürgerrechts war auch Frauen möglich.
Arme Bauern waren oft Leibeigene
Daneben gab es Bauern, die kein eigenes Land besaßen und dieses im Auftrag ihres Grundherren bewirtschafteten. Sie mussten ihrem Grundherren Abgaben und Frondienste leisten. Von der Ernte blieb ihnen meist nicht allzu viel übrig. Manche dieser Bauern begaben sich in die Leibeigenschaft ihres Grundherren, der ihnen dafür zu ihrem Schutz verpflichtet war.
Leibeigene durften ohne Zustimmung ihres Herrn nicht heiraten oder in ein anderes Dorf ziehen.
König Wilhelm hat in seinem ersten Amtsjahr 1817 die Leibeigenschaft aufgehoben und damit den Weg in ein modernes Württemberg geebnet.
Folge 3 - Hans Bubser, Der Ebhauser Bahnhof bestimmte den Tagesrhythmus
Der Ebhauser Bahnhof bestimmte den Tagesrhythmus
Quelle: Hans Bubser, Aus meiner Kindheit und frühen Jugend
Die nachfolgenden Texte sind original aus dieser Schrift entnommen, lediglich die Überschriften wurden zugefügt.
Bahngemeinde Ebhausen
(aus Dussel, Ebhausen, Geschichte und Gegenwart der Nagoldtal - Gemeinde S. 184)
„Der 28. Dezember 1891 war ein ganz besonderer Tag in Ebhausen. An jenem Tag wurde das „Altensteigerle" feierlich eröffnet, eine 15 Kilometer lange Schmalspurbahn, die von Nagold nach Altensteig führte und dabei auch Ebhausen durchquerte.
Fortan konnte man fünfmal am Tag bequem und vergleichsweise preiswert in die beiden Nachbarorte reisen.
Gleichzeitig wurde der Postkutschen-Verkehr eingestellt.
Der Bahnhof und seine Umgebung entwickelten sich schnell zu einem Angelpunkt des Dorflebens. Er sorgte für ein Stück Verbindung zur Welt".
Der Ebhauser Bahnhof bestimmte den Tagesrhythmus
„Mein Vater Karl Bubser war Reichsbeamter auf Lebenszeit. Er war ab 1919 insgesamt 35 Jahre auf dem Bahnhof in Ebhausen beschäftigt, also bis 1954.
Unser Tagesrhythmus war vom Ebhauser Bahnhof bestimmt. Mein Vater arbeitete im Schichtbetrieb mit dem jeweiligen Bahnhofsvorstand.
Die Dienstzeiten waren von fünf bis dreizehn Uhr, beziehungsweise von dreizehn bis zweiundzwanzig Uhr, bis der letzte Zug nach Altensteig durch war.
Beim Frühdienst musste mein Vater stets vor fünf Uhr auf dem Bahnhof sein, um das Einfahrsignal hinter der Traube zu öffnen und die Schranken neben der Linde zu schließen.
In der Signallampe brannte ein Petroleum-Licht, welches jeden Tag gewartet werden musste.
Einmal verschlief mein Vater. Geweckt wurde er von dem schrillen Ton der Dampfpfeife, durch welche sich der Lokführer bemerkbar machte. Von dem Pfiff aufgeschreckt fuhr mein Vater in Windeseile in die Hosen und zog seine Jacke während des nun folgenden Dauerlaufs an, um das Signal frei zu geben und die Schranken zu schließen".
Folge 4 - Hans Bubser, Auch ein Bahnbeamter braucht eine Nebenerwerbslandwirtschaft
Auch ein Bahnbeamter braucht eine Nebenerwerbslandwirtschaft
Quelle: Hans Bubser, Aus meiner Kindheit und frühen Jugend
Die nachfolgenden Texte sind (sofern nicht anders gekennzeichnet) original aus dieser Schrift entnommen, lediglich die Überschriften wurden zugefügt.
Arbeit in der Landwirtschaft
"Mein Vater hatte als Bahnbeamter ein sicheres Einkommen. Aber damals war das Eisenbahngehalt so minimal, dass es kaum möglich war, damit eine achtköpfige Familie zu ernähren. Somit kam es ihm zustatten, dass er nach der Schulzeit auf verschiedenen Hofdomänen Arbeit gefunden und dort die moderne Landwirtschaft kennen gelernt hatte.
Sein Schwiegervater Johannes Lodholz benötigte altersbedingt einen Nachfolger für seine Landwirtschaft. Dies war möglich, weil er bei der Eisenbahn im Schichtdienst beschäftigt war. Meinem Vater ging bei der landwirtschaftlichen Arbeit alles so ziemlich flott von der Hand. Besonders das Mähen mit der Sense sah bei ihm aus, als wäre es ein Kinderspiel.
Wir hatten neun größere Äcker und kleinere Äcker und Wiesen mit insgesamt ca. achtzig Apfelbäumen. Mein Vater war auch ein vorzüglicher Geräteturner. Beim Apfelernten bestieg er die Bäume mit einem Klimmzug".
Selbstversorgung war damals selbstverständlich
"Jede Familie hatte ein "Loos" oder "Almet" für das Kraut und Gemüse. Bei jedem älteren Haus am Ort war ein Krautgarten.
Von der Eisenbahn hatten wir noch einen großen Gemüse-und Hühnergarten hinter dem Gasthaus "Traube" sowie einen "Almed" (Krautgarten) in den "Auben" (Untere Aue). In jenen Jahren war im Herbst ein großer Berg Kartoffeln im Keller wichtig, dazu eigenes Mehl, Milch, Eier und Gemüse."
Wenn eine Kuh notgeschlachtet werden musste
"Es gab einen Viehversicherungsverein, wo für jedes Stück Vieh jährlich eine bestimmte Summe eingezahlt wurde. Schuhmacher Fritz Ottmar war der Kassier. Er betreute auch die Viehwaage im Rathaus" (Anmerkung: Der Raum der ehemaligen Viehwaage ist heute die Remise, in der Trauungen abgehalten werden oder das Café Forum stattfindet).
"Immer wieder kam es zu einer Notschlachtung. Der Büttel schellte aus, wann und wo eine Kuh in einer Scheune von Metzger Georg Kempf ausgehauen wurde. Für jedes Stück Vieh im Stall musste man eine bestimmte Menge an Fleisch abnehmen.
Man wusste oft nicht, was der Grund der Notschlachtung war. Mein Vater machte im Zweifelsfall eine Probe mit der Katze. Wenn diese das Fleisch fraß, war es seiner Meinung nach auch für den Menschen unbedenklich.
Mein Vater war ein halber Tierarzt. Beim Kalben wurde er oft von den Nachbarn herbeigerufen und bei Komplikationen um Rat gefragt".
Folge 5 - Hans Bubser, Der Bahnhof - Umschlagplatz für Mensch und Material
Ein Bahnbeamter war ein gefragter Mann
„Auf dem Bahnhof war er rundum beschäftigt. Es gab ja vor dem Krieg höchstens fünf Autos am Ort. Ebenso gab es keine Busse oder Lastwagen. Jeder, der verreisen wollte, musste zwangsläufig den Zug nehmen.
Die Bevölkerung von Rotfelden, Wart, Ebershardt, Wenden, Walddorf und Mindersbach waren auf den Ebhauser Bahnhof angewiesen.
Mein Vater verkaufte die Fahrkarten für die Bahnfahrten innerhalb des gesamten Reiches. Er informierte die Reisenden über den Fahrplan: Wo und wann sie einsteigen und umsteigen mussten, wie lange die Wartezeiten betrugen sowie über Fahrzeiten, Anschlusszüge und Ankunftszeiten".
Der Bahnhof war Umschlagplatz für die örtliche Industrie
„Täglich wurden ein Güterwagen be- und entladen. Die Güter liefen unter Frachtgut oder wenn es eilte "per Express". Die Schreiner verpackten ihre Möbel in spezielle Güterwagen, die Firma Schickhardt versandte jeden Tag eine Fuhre Gurte und bekam die Garne mit der Bahn. Neben dem Bahnhof war das Raiffeisen-Lagerhaus mit einem eigenen Gleisanschluss. Hier wurde der Kunstdünger offen ausgeladen und gelagert und es wurden dort sämtliche Artikel für den landwirtschaftlichen Bedarf verkauft. Vor dem Krieg waren die Lagerhausverwalter Flaschner Finkenbeiners. Alle umliegenden Orte bezogen ihren Bedarf vom Ebhauser Lagerhaus.
Auch Kohlehändler Oskar Holzäpfel hatte seinen Kohleschuppen auf dem Bahngelände. Ebenso die Firma Rau ihr Sand- und Zementlager.
Die Einzelhändler Zahn und Rall bezogen ihre Ware mit der Reichsbahn. Dazu benutzen sie einen Pritschenwagen, der auf dem Bahnhofsgelände deponiert war".
Der Duft der großen weiten Welt
„Auf dem Bahnhof roch man den Duft der weiten Welt. Zwischen Milchhäusle und Bahnhof versammelten sich abends die jungen Leute. Man beobachtete, wer mit dem Zug ankam oder wer nach Altensteig weiterfuhr".
Die Bahn verliert an Bedeutung
(aus Dussel, Ebhausen, Geschichte und Gegenwart der Nagoldtal-Gemeinde S. 186)
"Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor die Strecke immer mehr an Bedeutung. Am 30. September 1962 wurde der Personenverkehr eingestellt, im Mai 1967 auch der Gütertransport. Danach wurden die Gleisanlagen völlig demontiert."
Folge 6 - Hans Bubser, Das Backhäusle
Das Backhäusle - ein lebenswichtiger Ort im Flecken
„Ebenfalls in unmittelbarer Bahnhofsnähe befand - und befindet sich noch heute - das Backhäusle. Rund um die Uhr, von morgens früh bis abends spät wurde gebacken.
Die Backhausverwalterin war Maria Schwarz, man sagte "die Schwarze". Sie schrieb auf, wer und wann an welchem Ofen backen durfte. Sie reinigte das Backhaus. Als Lohn bekam sie den Backzehner.
Folgende Begebenheit mit der "Schwarze" ist überliefert:
Auf ihrem Nachhauseweg - sie wohnte im jetzigen Haus "Dorand" am Wöllhauser Platz - rastete sie oft im Kaufladen der Familie Zahn. Dort stand im hinteren Eck ein Hocker, auf den sie sich regelmäßig setzte. Vielleicht kaufte sie sich noch etwas von ihren Backzehnern. Am fünften März 1953 kam Frau Zahn aus der Ladenstube und erzählte den Kunden, dass soeben im Radio die Meldung gekommen sei, dass der Sowjetische Diktator Stalin gestorben sei. Nach einer Weile habe die Schwarze nachgefragt, wer nochmals gestorben sei. "Der Stalin" wurde ihr geantwortet. Sie meinte: "Den habe ich nicht gekannt. Wohnte er im oberen oder unteren Flecken?"
Ebhauser Schnitzhäfe
„Über den Backöfen wurde im Herbst das Dörrobst getrocknet. Apfel - und Birnenschnitze sowie die süßen Zwetschgen waren ganz wichtig. Damals kam keine einzige Zwetschge um. Jeder benötigte einen großen Vorrat. Dieser wurde auf dem Dachboden in Säcken aufgehängt. Dörrobst in der Brühe war einstmals das einzige Süßmittel (außer Honig). Deshalb stand auf dem Küchenherd ständig ein Kessel mit Schnitz in der Brühe. Wenn die Leute ihren Haferbrei aßen, wurde darüber ein Schöpfer "Schnitz in der Brühe" gegossen.“
Die Legende vom Schnitzhafen
"Einmal - so die Legende - sei es vorgekommen, dass der Hafen auf dem Herd eines älteren Weibes im Laufe der Zeit so verkrustet war, dass nur noch ein einziger Schnitz hineingepasst habe. Darum werden die Ebhauser bis auf den heutigen Tag "Schnitzhäfen" genannt".
Folge 7 - Hans Bubser, Die Landwirtschaft prägte das Leben (1)
Quelle: Hans Bubser, Aus meiner Kindheit und frühen Jugend:
Die nachfolgenden Texte sind original (sofern nicht anders gekennzeichnet) aus dieser Schrift entnommen, lediglich die Überschriften wurden hinzugefügt.
Die Bilder stammen aus der Fotosammlung von Getrud Schmidt
Selbstversorgung war die übliche Nahrungsbeschaffung
Bis in die fünfziger Jahre waren die Mehrzahl der Bürger in Ebhausen Selbstversorger. Intensiv wurde die gesamte Gemarkung mit Äckern, Wiesen und Krautgärten bewirtschaftet. Viele Bürger hatten zwei Kühe als eigenes Gespann. Die Müller und Wirte hatten Pferde und die besten Grundstücke auf der Gemarkung. Die Tagelöhner hatten Ziegen im Stall. Auf der "Haid", dem heutigen Hochplateau im Umfeld des Lindenhofs hatten dutzende Ebhauser Familien einen Acker oder eine Wiese. Schon früh am Morgen waren die Kuhfuhrwerke mit einer Ladung Mist oder mit dem Güllenfass unterwegs.
Von der Rohrdorfer Straße fuhr die Familie Rauser bis auf die Haid mindestens eine Stunde. Die Kühe mussten unterwegs immer wieder ausruhen. Es gab Männer, die ständig mit ihren Kühen - wie mit Kindern - sprachen".
Frauen betrieben die Landwirtschaft, die Männer gingen ins Geschäft
"Der Grundbesitz der Familie war fast auf der ganzen Gemarkung verteilt. Die Landwirtschaft wurde hauptsächlich von Hausfrauen, den Tanten, Doten, Ehne und Ahne, welche im Hause Mitbewohner waren, umgetrieben. Nur in der Ernte und beim "Heuen" halfen die Männer mit. Vielleicht auch am Abend beim Futter holen. Ansonsten gingen die Männer natürlich ins Geschäft: In die Schreinereien Ensslen, Schöttle, Mall, Waidelich, Rauser oder zum Schickhardt oder nach Rohrdorf ins "Kämmerle". Der Verdienst der Männer war damals so minimal, dass man ohne Landwirtschaft kaum eine Existenzgrundlage hatte".
Anmerkung: Eine Dote ist die Patentante,der Döte ist der Patenonkel, die Ahne ist die Oma, der Ehne ist der Opa. Der Dote Vetter ist der Mann von der Patentante, die Dette Base ist die Frau vom Patenonkel.
Das Milchgeld war eine zuverlässige Einnahmequelle
"Eine ganz wichtige Rolle spielte die Milcherzeugung. Das Milchgeld war für die Haushaltskasse unentbehrlich. Im Milchhäusle - in jener Zeit noch ohne Radio oder Fernseher war es auch das Kommunikationszentrum am Ort - wurde morgens und abends die Milch abgeliefert. Fritz Stoll war für das Milchhäusle zuständig. Oskar Holzäpfel war der Rechner, er bezahlte das Milchgeld monatlich aus und verkaufte Butter und Backsteinkäse. Hirschwirt Kleiner war der Vorstand der Milchgenossenschaft Ebhausen und Umgebung. Von Walddorf, Mohnhardt, Wart, Ebershardt, Wenden Mindersbach und Rohrdorf wurde jeden Morgen von einem Landwirt mit Pferden angeliefert. in den jeweiligen Orten war eine Milchsammelstelle. Die Milch wurde gekühlt und morgens um fünf Uhr mit einem Wagen in 50 Liter Kannen nach Pforzheim in den Milchhof transportiert. Mein Vater und Gotthilf Schilling mit seinem Pferd waren auch beteiligt".
Folge 8 - Hans Bubser, Die Landwirtschaft prägte das Leben (2)
Quelle: Hans Bubser, Aus meiner Kindheit und frühen Jugend:
Die nachfolgenden Texte sind original (sofern nicht anders gekennzeichnet) aus dieser Schrift entnommen, lediglich die Überschriften wurden hinzugefügt.
Die Bilder stammen aus der Fotosammlung von Getrud Schmidt
Getreideernte ohne Mähdrescher
"Während der Getreideernte wurden die Äcker mit der Sense gemäht und von den Frauen auf dem Acker ausgelegt. Anderntags wurde es mit der Sichel in den Garbenseilen gebündelt und zum Dreschen zu Albert Guhl in den Dresch - Schuppen im Ziegelweg gefahren. Da war morgens bis abends ein hektisches Treiben. Das Getreide wurde auf der Bühne getrocknet und gelagert und dann je nach Bedarf in die Mühle gebracht".
Anmerkung: Die gedroschenen Getreidekörner wurden in schweren Säcken mehrere Treppen hoch auf den Dachboden getragen und dort auf vorbereiteten Bretterböden ausgebreitet. Das war auch ein "gefundenes Fressen" für Mäuse und Ratten, die entsprechend bekämpft werden mussten.
Das Vieh im Stall brauchte Futter
"Das Heu und Ohmd", (Anm. Heu wurde aus dem ersten Grasschnitt im Frühsommer getrocknet, Ohmd aus dem zweiten Schnitt im Sommer, wenn das Gras nachgewachsen war) ja das tägliche Futter für das Vieh, alles wurde mit der Sense gemäht. Schon morgens früh und auch noch abends spät hörte man das Dengeln der Sensen.
Heute kann man sich kaum mehr vorstellen, wie das gesamte Gras zwei und dreimal im Jahr auf der gesamten Gemarkung mit der Sense zu Stande gebracht wurde.
Die Straßenwarte hatten die längsten Wiesen, nämlich die Böschungen rechts und links den Straßen entlang! Diese Gras - und Heuernte stellte einen Teil ihres Gehalts dar".
Anmerkung: Vor dem Mähen mit der Sense musste diese vorbereitet sein
Das Mähen mit der Sense erforderte eine gewisse Übung und war anstrengend. Da die Sensen nach einer bestimmten Mähzeit stumpf wurden, mussten sie auf dem Feld nachgeschärft werden. Dazu hatte der Mäher seinen "Kumpf" mit dem "Wetzstein" um den Bauch geschnallt. Der "Kumpf" war häufig ein Kuhhorn, das mit Wasser gefüllt war, denn der Wetzstein musste feucht sein zum Wetzen der Sense, sie wäre sonst stumpf geworden.
Doch bevor es zum Mähen ging, musste die Sense "gedengelt" werden. Dazu war in jeder Scheune ein Dengelbock, auf dem die Sense mit einem Hammer scharf gemacht wurde und Unebenheiten im Sensenblatt ausgebessert wurden. War die Sense aber schon zu "abgewetzt", ging man zum Dorfschmied, der sie wieder auf Vordermann brachte.
Aus dem Internet:
„Mindestens eine halbe Stunde und 3000 Schläge seien nötig, dann ist eine Sense richtig gedengelt". Das Dengeln dient der dauerhaften Erhaltung, Verbesserung oder dem Neuaufbau einer dünnen und somit scharfen Schneide des Sensenblattes. Dengeln ist alle 10 – 12 Arbeitsstunden erforderlich, gewetzt wird alle paar Minuten während der Arbeit." (Quelle: Internet).
Folge 9 - Hans Bubser, Firma Dengler (1)
Quelle: Hans Bubser, Aus meiner Kindheit und frühen Jugend:
Die nachfolgenden Texte sind original (sofern nicht anders gekennzeichnet) aus dieser Schrift entnommen, lediglich die Überschriften wurden hinzugefügt.
Wilhelm Dengler - ein Erfindergenie um die Jahrhundertwende 1900
„Nebenan war die Firma "Landmaschinen Dengler". Dort gab es immer etwas zu schauen. Mein Bruder Paul erlernte dort von 1934 - 1937 den Beruf des Landmaschinenmechanikers.
1871 hatte der Schlosser Wilhelm Dengler, Sohn des Rotgerbermeisters Wilhelm Dengler, auf dem väterlichen Gerbereigelände eine mechanische Werkstätte gegründet. Seine fachlichen Kenntnisse hatte er in der "Sächsischen Maschinenfabrik Chemnitz" erworben.
Wilhelm Dengler war ein Erfindertalent, ein richtiger schwäbischer Tüftler, ähnlich Gottlieb Daimler. Seine Frau Christiane geb. Nestle von Rohrdorf war seine Stütze. Wie meine Mutter erzählte, drehte sie an der Drehbank Nächte hindurch Schrauben und Muttern für den Maschinenbau ihres Mannes. Die Ehe blieb kinderlos".
Erfindung der Futterschneidmaschine
„Wilhelm Dengler begann, Futterschneidmaschinen zu konstruieren, damit aus einem Gemisch von Heu und Stroh verkleinertes Viehfutter entstand. Bald besaß jeder Landwirt in Ebhausen und der Umgebung eine solche Futterschneidmaschine. Außerdem fertigte er Dreschmaschinen und Windfeger (Anmerkung: Mit der Windfege wurde das Gemisch von Getreidekörnern und restlichen Getreideähren gereinigt), Obstpressen und Obstmühlen, transportabel auf Eisenrädern. Zur Herstellung der Sandsteinwalzen für die Obstmühlen beschäftigte er eigens einen Steinmetz".
Der Mühlbachsee wird angelegt
„Weil die Elektrizität in Ebhausen erst 1905 (Nagold war bereits 1893 elektrifiziert worden) eingerichtet wurde, legte Wilhelm Dengler um 1875 am Mühlbach einen Stausee an. Das Wasser führte er mit einer Druckleitung bis oberhalb des Hauses Schilling und dann im Sturz bis in seine Werkstatt zur Turbine. Dort wurden mittels Transmission Drehbänke und Schleifsteine, in seiner Schreinerei Band - und Kreissäge sowie eine Hobelmaschine angetrieben".
Hobelmaschine ohne Stromantrieb
"Es wurde auch immer ein Schreiner beschäftigt, welcher die Gehäuse und Holzteile der Maschinen anfertigte. Seine Hobelmaschine wurde für die Schreinereien in Ebhausen unentbehrlich. Sie standen zum Aushobeln ihrer Bretter Schlange, bis 1905 die Elektrizität für jedermann im Ort verfügbar war".
Folge 10 - Hans Bubser, Firma Dengler (2)
Quelle: Hans Bubser, Aus meiner Kindheit und frühen Jugend:
Die nachfolgenden Texte sind original (sofern nicht anders gekennzeichnet) aus dieser Schrift entnommen, lediglich die Überschriften wurden hinzugefügt.
Wilhelm Dengler (1845 - 1903) konstruiert eine Dreschmaschine
„Wilhelm Dengler konstruierte auch bald eine Dreschmaschine für den örtlichen Bedarf. Damit erübrigte sich das langwierige Flegeldreschen. Auf seinem Firmenareal stellte er ca acht Obstpressen in verschiedenen Größen für die Bevölkerung auf. Im Herbst war eine Hektik, um den Most als tägliches Hausgetränk herzustellen. Jede Familie am Ort, die keine eigene Presse besaß, war somit auf eine der acht Obstpressen der Firma Dengler angewiesen, um den Most für den eigenen Bedarf zu pressen".
Nähmaschinen als Hobby
„Sein Hobby aber war die Nähmaschine. Bald war der Wunsch einer jeden Frau und jeden Mädchens, eine solche zu besitzen. Er führte in der Traube mit Näherinnen Nähmaschinenkurse durch.
Schon Anfangs der dreißiger Jahre hatte die Firma Dengler eine Esso-Tankstelle.
Auch führte er ein großes Lager mit Wasseralfinger Öfen und Küchenherden. Bis zu dreißig Gesellen und Lehrlinge waren bei Wilhelm Dengler beschäftigt".
Tragischer Tod von Wilhelm Dengler
„1903 fand er mit 58 Jahren auf mysteriöse Weise in der Nagold den Tod".
Die Firma Dengler wird weitergeführt
„Seine zwei Neffen, Wilhelm Dengler und Wilhelm Weimer führten den Betrieb weiter. Vor dem Krieg waren die elektrischen Heuaufzüge der "Renner". Auch mit von Pferden gezogenen Mähmaschinen und Garbenbinder kamen auf.
Nach der Währungsreform 1947/48 begann die Motorisierung der Landwirtschaft. Mit Lanz "Bulldog", Ladewägen, Miststreuer, Vielscharpflüge, Feldhechsler und schließlich dem Mähdrescher".
Folge 11 - Hans Bubser, Firma Dengler (3)
Quelle: Maria Noack, Gemeinde Ebhausen, Wirtschaftliche Entwicklung
Maria Noack hat neben ihrer Schrift „Mein Heimatort Ebhausen" auch eine Zusammenfassung über die Entwicklung von Handwerk und Industrie, Gastronomie, Handel, Geld- und Finanzen, Gesundheitswesen, Landwirtschaft und Beschäftige im Gemeindedienst verfasst. Erstellt wurde diese Schrift 2009, ergänzt 2014.
Aus diesem Werk stammt der nachfolgende Artikel:
Wie ging es nach dem Tod von Wilhelm Dengler weiter?
Der Gründer der Firma Dengler fand wie bereits berichtet 1903 im Alter von 58 Jahren in der Nagold einen mysteriösen Tod. Danach führten seine beiden Neffen Wilhelm Dengler und Wilhelm Weimer den Betrieb weiter.
Maria Noack berichtet:
Der Betrieb wird aufgeteilt
"Christiane Dengler (die Witwe von Wilhelm Dengler) starb im Alter von 59 Jahren am 23.08.1911. Ihrem Neffen Wilhelm Weimer, dem Sohn ihrer Schwester vererbte sie Zweidrittel und dem Neffen ihres Mannes Wilhelm Dengler ein Drittel des Betriebes.
Wilhelm Weimer, Mechaniker von Pfrondorf, zog sich 1926 aus dem Geschäft zurück und übersiedelte nach Tübingen".
Weitere Informationen von Gisela Dengler:
Wilhelm Dengler I, der "Innenminister"
"Wilhelm Dengler I, Mechanikermeister von der Kundschaft "Innenminister" oder "der Ältere" genannt, weil er für die Produktion zuständig war, hatte von nun an dreiviertel des Betriebs in Besitz. Er war 69 Jahre alt, als er 1950 starb. Seine Betriebsanteile gingen in eine Erbengemeinschaft über, bis diese 1955 aufgelöst wurde und der einzige Sohn Wilhelm Karl Dengler jr., Mechanikermeister den Betrieb übernahm".
Wilhelm Dengler II der "Außenminister," Urahn von Dengler Altensteig
"Wilhelm Dengler II war nicht verwandt mit Wilhelm Dengler I, er war Mechaniker und wurde "Außenminister" oder "der Jüngere" tituliert, weil er den Außendienst versah. Er trat anstelle von Wilhelm Weimer in die Firma ein. Da er finanziell nicht in der Lage war, den ganzen Anteil von Wilhelm Weimer zu übernehmen, beteiligte sich Wilhelm Dengler I und übernahm auch den Teil von Wilhelm Weimer, sodass fortan Wilhelm Dengler II ein Viertel des Betriebes gehörten. Er starb 1954 im Alter von siebzig Jahren".
Folge 12 - Hans Bubser, Firma Dengler (4)
Quelle: Maria Noack, Gemeinde Ebhausen, Wirtschaftliche Entwicklung
Maria Noack hat neben ihrer Schrift „Mein Heimatort Ebhausen" auch eine Zusammenfassung über die Entwicklung von Handwerk und Industrie, Gastronomie, Handel, Geld- und Finanzen, Gesundheitswesen, Landwirtschaft und Beschäftige im Gemeindedienst verfasst. Erstellt wurde diese Schrift 2009, ergänzt 2014.
Aus diesem Werk stammt der nachfolgende Artikel:
Dengler Altensteig wird gegründet
"Als Wilhelm Dengler II starb, übernahm sein Sohn Friedrich Wilhelm Dengler, Mechanikermeister die Nachfolge. Er zog sich aber 1955 aus dem Geschäft in Ebhausen zurück und gründete in Altensteig eine eigene Firma".
1981 übernahm Friedrich Dengler (vermutlich der Sohn von Friedrich Wilhelm Dengler) den Altensteiger Betrieb und übergab diesen im Jahr 2000 an seinen Sohn Philipp Dengler.
Der Betrieb Land- und Haustechnik Dengler in der Oberen Talstraße in Altensteig wird derzeit modernisiert.
Dengler Ebhausen
"Wilhelm Karl Dengler (1922 - 2001) erwarb 1955 nach dem Ausscheiden von Wilhelm Dengler II das letzte Viertel des Betriebs".
Er führte das Unternehmen fort als Landmaschinenfirma. Er verkaufte und reparierte Landmaschinen. Er ging 1995 in den Ruhestand, ohne einen Nachfolger zu hinterlassen. Seine Kinder hatten sich für andere Berufe entschieden. Seither ruht der Betrieb".
Haushaltswarengeschäft Dengler
"Wilhelm Dengler baute 1959/60 in der Wöllhauser Straße 7 ein Wohn- und Geschäftshaus gegenüber seiner Landmaschinenfirma und eröffnete darin 1960 ein Haushaltswarengeschäft. Dieses wurde von seiner Frau Gisela Dengler geb. Ziefle (1928 - 2019) geführt.
Näh- Küchen- und Waschmaschinen etc. wurden schon lange vorher von der Landmaschinenfirma verkauft und jetzt ins Sortiment des Haushaltsgeschäfts aufgenommen.
1995 erfolgte die Geschäftsaufgabe aus Alters- und Gesundheitsgründen, zeitgleich mit der Schließung des Landmaschinenhandels und Landmaschinenreparatur."
Anmerkung
Das ehemalige Wohn- und Geschäftshaus wurde im letzten Jahr gründlich renoviert und in Wohnungen umgewandelt. Das Firmenareal steht leer, ist aber bis jetzt noch unverändert.
Folge 13 - Hans Bubser, Ebhausen in der Zeit des Nationalsozialismus (1)
Der nachfolgende Artikel ist wörtlich aus der Niederschrift von Hans Bubser entnommen, s.o.
Ein neues Weltwirtschaftswunder in Ebhausen
"Als „Am 30. Januar 1933 war die Machtergreifung durch Adolf Hitlers NSDAP. Da in Ebhausen in Folge der Weltwirtschaftskrise die Arbeitslosigkeit horrend war, fand die NSDAP hier einen enormen Zuspruch. Ich möchte sagen, 90% der Bevölkerung waren von Adolf Hitler begeistert.
Um die jungen Männer in Arbeit und Brot zu setzen, wurde der Reichsarbeitsdienst gegründet. Zwischen Stuttgart und München wurde mit Pickel und Schaufel angefangen, die Reichsautobahn zu bauen. Im "Kämmerle" (Anmerkung: Das "Kämmerle ist das Industriegebiet am Ortsende in Rohrdorf Richtung Nagold. Dort haben viele Ebhauser gearbeitet) wurden für das Heer, den Arbeitsdienst und für die Parteiuniformen im Schichtbetrieb Stoffe produziert. Die Firma Schickhardt produzierte Gurte für Fallschirme und Tornister, ja für den ganzen Heeresbedarf.
Sattler Pfeiffle fing an, in großem Stil Tornister, Revolvertaschen, Gürtel und Hosenträger für das Heer und die Polizei zu produzieren. Etwa 10 Frauen waren dort beschäftigt.
Auch die (frühere) B 28 wurde 1934/35 neu terrassiert. Auch neue Einfamilienhäuser wurden gebaut. Ja, es ging überall aufwärts, aber nur wenige ahnten, dass jenes Wirtschaftswunder in einen neuen Weltkrieg hineinführen sollte".
Kinder und Jugendliche wurden früh in das neue System integriert
„Die Kirche wurde mehr und mehr ins Abseits gedrängt. Kirchliche Jugendarbeit war verpönt und wurde verboten. Alle Jugendlichen mussten ins Jungvolk, die Hitlerjugend und den Bund Deutscher Mädchen. Es wurden Ferien mit "Kraft durch Freude" organisiert.
Der Kindergarten zog mit den Hakenkreuzfähnchen durch den Ort und sang:
"Deutsch ist Österreich, deutsch ist Österreich, weil‘s wiederkehrt zum deutschen Reich. Heil Führer, Heil, Heil Führer, Heil. Wenn ich groß bin, fahr ich nach Wien. Ins schöne Österreich, weil‘s wiederkehrt zum Deutschen Reich. Heil, Führer, Heil."
Folge 14 - Hans Bubser, Ebhausen in der Zeit des Nationalsozialismus (2)
Kinderreichtum war erwünscht
„Beim siebten Kind wurde automatisch Adolf Hitler Pate. Die Frauen bekamen Mutterkreuze. Für fünf Kinder das Bronzene, für sechs das Silberne und für das achte das Goldene Mutterkreuz. War ein behindertes Kind in der Familie, so bekam die Mutter kein Mutterkreuz. Schwer geistig und körperlich Behinderte, also arbeitsunfähige Menschen wurden als unnütze Esser unter anderem in Grafeneck vergast. Leicht geistig Behinderte, welche in der Lage waren, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen, wurden kastriert bzw. sterilisiert, um kein "minderwertiges Erbgut" zu vermehren.
Durch die NSDAP wurde solche Praktiken an solchen Menschen auch in Ebhausen verwirklicht" (Hans Bubser, s.o.), Heimatbuch Ebhausen S.227 s.o.
Samariterstift Grafeneck wurde zur Tötungsanstalt
„Behinderte gleich welcher Art wurden nach nationalsozialistischer Rassenlehre als unnütze, lebensunwerte, nur Kosten verursachende Esser betrachtet. 1940 wurde entschieden, sie in einer großen Aktion unter dem Tarnnamen "T4" reichsweit zu töten, auch um Platz und Personal für die Versorgung im Krieg Verwundeter frei zu bekommen.
Im südwestdeutschen Raum wurde dazu das ehemalige Samariterstift Grafeneck, etwa 25 Kilometer südöstlich von Tübingen gelegen, zu einer Tötungsanstalt ausgebaut.
Die systematischen Ermordungen begannen am 18.Januar 1940 und dauerten das ganze Jahr über an. Insgesamt fielen der Aktion allein in Grafeneck rund 10 000 Menschen zum Opfer, in den fünf anderen zum Töten hergerichteten früheren Heilstätten etwa 60 000.
Die Mordaktion wurde 1941 aufgrund wachsenden Widerstandes durch Kirchen und Bevölkerung eingestellt."
In Grafeneck starben aus Ebhausen:
"Gotthilf Braun (25.04.1903 - 08.08.1940)
Conrad Rietmüller (19.11.1882 - 08.09.1940)
Marie Christiane Wacker (12.08.1887 - 06.07.1940)
Im hessischen Hadamar wurde eine Ebhauserin getötet:
Berta Rosine Finkenbeiner (17.11.1897- 31.03.1941), Mutter von drei Kindern. Ihr 1917 geborener Sohn Eugen fiel 1942 in Russland.
Und schließlich befand sich auch unter den mehr als 10 000 Ermordeten im sächsischen Sonnenstein bei Pirna ein Opfer aus Ebhausen:
Katharina Magdalena Hauser (15.03.1893-09.08.1940)."
Folge 15 - Hans Bubser, Ebhausen in der Zeit des Nationalsozialismus (3)
Der Ruf in den Osten
„Sonntag morgens war "Dienst". Fast jede Woche war eine Haus-Sammlung. Der Bauernberuf wurde der Jugend als Ideal vor Augen gestellt. In den Ostländern Warthegau, Ostpreußen, Westpreußen, Ukraine waren riesige landwirtschaftliche Güter mit unendlichen Anbauflächen für jegliche Art von Feldfrüchten.
Wir sangen:
"Nach Ostland geht unser Ritt, hinaus aus Enge und Schwüle, der Wind umwehet uns kühle, nach Ostland geht unser Ritt."
Der Ortsgruppenleiter Eberhard Schöttle und sein Neffe Christian Reisser wurden in dem neue entstandenen Warthegau hochdotierte Regierungsbeamte".
Ein Parteilokal wird gebaut
„Der Liebenzeller Saal wurde in den Kriegsjahren von der Partei als Lager für Haushaltsgegenstände ausgebombter Bewohner im Ruhrgebiet beschlagnahmt.
Lange Zeit war ein Ringen um das Gemeindehaus als Parteilokal. Traubenwirt Kempf baute dann an die Traube den Parteisaal an, welcher direkt mit dem Auto erreichbar war".
Kriegsende
„Etwa 116 Ebhauser Männer verloren im Krieg ihr Leben. "Für Volk und Vaterland".
Am 20.April 1945 war der Einmarsch der Franzosen und somit in Ebhausen das Ende des "3. Reiches". Es war und ist ein Gnadengeschenk Gottes, dass in Ebhausen, trotz der militärischen Produktion von Flugzeugteilen auf dem Schickhardt-Gelände kein einziges Haus zerstört wurde.
Gerhard Kunert, Herbert Noack sowie Herr Spang waren wegen der Flugzeugteil- Produktion nach Ebhausen gekommen und fanden dann auch hier ihre Ehefrauen".
Folge 16 - Hans Bubser, (1932 - 2012) Johann David Dengler, erster Bürgermeister in Ebhausen
Johann David Dengler - Bürgermeister in Ebhausen
„Johann David Dengler, geb.1861, gest. 1944, war der erste hauptberufliche Bürgermeister in Ebhausen. Er war Ratsschreiber in Altensteig und in Trossingen, wo er 1885 Marie Kratt heiratete. Sie hatten sieben Kinder. Er war von 1888 bis 1924 sechsunddreißig Jahre Bürgermeister in Ebhausen. Sein Vorgänger war der ehrenamtliche Schultheiß Johann David Riethmüller".
Bürgermeister Dengler ließ Straßen bauen
„Bürgermeister Dengler war sehr tatkräftig. Er baute die Straße nach Walddorf, wobei die Nagoldbrücke neu aus Stahlbeton hergestellt wurde.
Des Weiteren gehen der Bau der Mindersbacher und der Carl- Schickhardt- Straße auf seine Initiative zurück. Ebenso der Rotfelder Weg".
David Dengler war ein Förderer der Landwirtschaft
„Entlang aller Straßen ließ er Apfelbäume pflanzen. Er war ein Förderer des Obstbaus und passionierter Bienenzüchter.
Außerdem gründete er den Schwarzwaldverein in Ebhausen. Ihm zu Ehren wurde der Wanderweg von Ebhausen über Wart nach Berneck "Davidsweg" genannt.
Er führte auf der gesamten Gemarkung eine Flurbereinigung durch, wodurch jedes Grundstück direkt über einen Feldweg erreichbar wurde. Vorher hatte es kaum Feldwege gegeben. Alle Äcker auf der Gemarkung in einem bestimmten Distrikt waren zuvor mit derselben Getreidesorte bebaut worden, damit das Getreide gleichzeitig reifte und die Grundstücke gegenseitig überfahren werden konnten".
Das "Altensteigerle" verband Ebhausen mit dem Rest der Welt
„Mein Großvater rühmte den Kauf eines Leichenwagens durch den Bürgermeister. Zuvor mussten Jahrhunderte lang die Toten auf den Friedhof getragen werden, was besonders im Winter bei Glatteis beschwerlich war. Die Strecke von der Walddorfer Straße bis zum Friedhof ist sicherlich 1,5 bis 2 km lang.
Während seiner Amtszeit wurde 1890/91 auch das "Altensteigerle" realisiert, wodurch das Gewerbe und die Ebhauser Industrie gefördert wurden".
Mit dem Bau der Wasserleitung und der Einführung des elektrischen Stroms begann eine neue Zeit
„1903 wurde die Wasserleitung mit Gussrohren eingerichtet. 1905 richtete Christian Kempf, Müller, ein Elektrizitätswerk ein, wodurch die Ebhauser endlich elektrisches Licht und die Schreinereien Elektromotoren in ihre Werkstätten bekamen.
Die Ebhauser Geschäftsleute hatten bis dahin neidvoll auf die Nagolder geschaut, welche schon seit 1893 von elektrischen Strom profitierten".
Arbeitsplätze werden geschaffen
„Um Arbeitsplätze am Ort zu schaffen und die Auswanderung zu stoppen holte Bürgermeister Dengler 1893 Carl Julius Schickhardt nach Ebhausen, welcher auf der Ruine des Sägewerkes Mast eine Band- und Gurtenweberei errichtete.
Beim 25. Firmenjubiläum wurde Herr Schickhardt als erster in der Geschichte Ebhausens zum Ehrenbürger erhoben.
1924 wurde Bürgermeister Dengler in den Ruhestand verabschiedet. Ihm folgte Bürgermeister Mutz“.
Der Einsturz des Gasthauses Hirsch in Nagold
„Im Alter von neun Jahren rettete Rudolf, der jüngste Sohn von Bürgermeister Dengler seinem Vater das Leben. Das war beim Hirscheinsturz in Nagold am fünften April 1906. Der Kleine hatte beobachtet, wie die Wände in dem Gastlokal plötzlich Risse bekamen und auch, dass die Wanduhr stehen geblieben war, weil durch die sich neigende Wand das Pendel stillstand. Er zog seinen Vater an der Hand und mit aller Macht aus dem Gebäude (jetzt Standort von Drogeriemarkt Müller). Sie befanden sich gerade gegenüber am Rathaus, als das mächtige Gebäude in sich zusammenstürzte und 53 Personen den Tod fanden. Zu den Opfern zählte auch der Schreiner Gottfried Roth aus Ebhausen".