Ein großes Gemeinschaftsprojekt fand mit dem Ortsrundgang durch Wöllhausen seinen Höhepunkt, wozu das Forum Ebhausen geladen hatte. Dabei ließ man die alten Zeiten wieder aufleben.
Startpunkt war das ehemalige Bahnhofsgelände. Mit Trommelwirbel durch das 14 köpfige Trommlerkorps Ebhausen (Leitung Michael Krüger) wurde die Veranstaltung eröffnet und die „Dame, die den Hut auf hat“ (Vorsitzende Silvia Wacker) begrüßte die weit über 100 Besucher.
Nachtwächters Marie (Cornelia Hildebrandt-Büchler) und Flößer Martinus (Martin Spreng) führten auf kurzweilige Weise durch den unteren Ort. Martinus war in einem symbolisierten Al-TEN-STEI-GER-LE zu „Rütschle fahren im Nagoldtal“ des Trio Spätlese (Peter Eisele, Bernhard Scheiner, Jürgen Wollschläger) angereist. Das Trommlerkorps geleitete die Gruppe von Station zu Station.
Das Bahnhofsgelände war das Zentrum des unteren Ortes, hier war der Anschluss an die große weite Welt für Handel, Gewerbe und die Gastronomie.
Die Luftschnapper*innen , ein vornehmes Paar aus der großen Stadt in Hut und Schirmchen (Marianne Ottmar) und Frack und Zylinder (Gisela Basalla)– im authentischen Outfit der ersten Hälfte des 20.Jhdts eine wahre Augenweide – wollten im Luftkurort Urlaub machen und sich auch lukullisch verwöhnen lassen. Dafür war Hans Schill (Jürgen Wacker) zuständig, der für seine exzellente Küche bekannte Chef und Koch im Waldhorn. Aus dem Brunnen vor dem Backhaus fischte er auf äußerst unterhaltsame Art zwei Forellen, die dann für die Luftschnapper frisch auf den Tisch kommen sollten. Als besonderes Schmankerl gab es für die Zuschauer aus dem Kochbuch des Hans Schill das Rezept einer besonderen Schwarzwaldtorte zum Nachbacken.
Die Milchkannen-Bande (Salome, Japhet, Nathan, Ruben Schaude, Jonathan Rauser, Noah Holzäpfel) kam mit Kannen und Leiterwägele und zeigte, dass das Bahnhofsgelände um das Milchhäusle herum einst derTreffpunkt der Jugendlichen war.
Im Backhaus, der nächsten Station, waren die Bäckerinnen (Bärbel Schaude, Christa Rauser) schon seit dem frühen Morgen am Brot backen, so dass die Gäste zur Geschichte des schönen Fachwerkhäuschens im Schweizerstil frisches (Butter-)Brot genießen konnten.
Sehr wechselvoll war die Geschichte des Gasthauses Traube – außer Gastronomen beherbergte das Gebäude u.a. auch die Drogerie Schlösser und es wurden seit 1900 Nähkurse abgehalten, was Marie an einer alten Nähmaschine von der Firma Wilhelm Dengler (Leihgabe von Gisela Basalla) anschaulich machte. Für die Gäste gab es Pratos (portugiesische Tapas) in großer Zahl vom Traube-Wirt Sousa vorbereitet.
Weiter gings zum schwäbischen Erfinder und Tüftler Wilhelm Dengler , der seit 1871 mit seinen Maschinen vor allem für die Landwirte große Erleichterung brachte (Dresch-, Futterschneidemaschinen, Obstpressen). Er war der erste im Ort, der die Wasserkraft des Mühlbachsees zum Antrieb von Turbinen für Sägen, Hobelmaschinen nutzte.
An der Nagold unter der Kesslerbrücke ging es um die Flößerei und da war Flößer Martinus ganz in seinem Element. Aufgetreten ist er mit Wiede, großem Floßmodell und einem „Fünf-Liter-Handtäschle“, denn „ drei Doppelliter hört ich sagen, füllen einen Flößermagen“. Dass es in Wöllhausen eine Wasserstube mit einer kleinen Einbindestelle gab, überraschte manchen Zuhörer.
Am Kaufhaus Zahn empfing Micha Zahn die Gruppe vom Erker aus mit einem Violinstück . Die aktuellen und ehemaligen Bewohner des Hauses ( Marlene Zahn, Simone Viehweg, Anita Bubser, Daniela und Henning Zahn) übernahmen die ausführliche Schilderung der Geschichte des Hauses. Für die Gäste gab’s Käse und köstliche Datteln.
Das Trommlerkorps geleitete die Gruppe zunächst auf die von Nagold und Mühlkanal umspülte Insel „Auf der Erle“, dann zur Unteren Mühle , wo das Trio Spätlese die Teilnehmer mit „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach“ empfing. Hart war das Leben eines Müllers einst, vor allem was die Abgaben in Form einer „Doppelbesteuerung“ angingen – an den Markgrafen von Baden und an den König zu Württemberg musste gezahlt werden. 1903 begann eine neue Ära – Strom durch Wasserkraft. Jetzt gab’s auch in Ebhausen Strom aus der Steckdose. Am Ende der Station konnten die Gäste sich wieder auf eine kleine Gabe freuen: ein Beutelchen „Flocken-Mix“ der Schillschen Mühle aus Rohrdorf aus dem Semere, einem alten „Meßbecher“ für Getreide. Die Schills hatten bis zum Talstraßenbau (spätere B28) im Jahr 1935 die Obere Mühle in Ebhausen betrieben.
Am Gasthof zum Löwen , der letzten Station, trafen die Teilnehmer auf einen mit Balgenkamera und Reiseführer ausgestatteten Touristen (Jürgen Wacker), der in überzeugender und sehr unterhaltsamer Weise vergeblich die St. Martinskirche suchte und schließlich erfahren musste, dass er dafür 500 Jahre zu spät kommt.
Für den guten Ton sorgte der Handwerker mit dem Technik-Leiterwägele (Gerhard Werner).
Am Ende bedankte sich die Forum-Vorsitzende Silvia Wacker bei allen Mitwirkenden, besonders bei Cornelia Hildebrandt-Büchler für Konzept und Dialoge und Gerhard Werner als Initiator und Organisator der Beschilderung der historischen Gebäude und des letztjährigen Rundganges im Oberen Ort und natürlich bei Martin Spreng für seine gewohnt gute Kooperation und überzeugende Darstellung.
Zum Ausklang der Veranstaltung im Löwen unterhielt das Trio Spätlese.
Fotos: Armin Büchler, Walter Fingerhut
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